Umgang mit Rechtsmitteln.
Als ich 1970 meine Grundeinweisung in das Rechtswesen erhielt,
antwortete der seinerzeitige Dozent auf die aufgeworfenen
Rechtsfragen und angemessenen Rechtsmitteln immer wieder mit: "Das,
was Sie jetzt wissen müssen, steht im Gesetz, nicht in meinem
schönen Gesicht!" Er prägte uns damit ein, dass wir bei
Zweifelsfragen immer wie folgt vorgehen sollten:
- Machen Sie sich ein eigenes Bild von der Rechtslage.
- Schauen Sie in den einschlägigen Gesetzen und Paragraphen
nach, was dort geregelt ist.
- Überprüfen Sie die Passungen.
- Ermitteln Sie die Abweichungen.
- Vertiefen Sie die offenen Fragen, Zweifelsfragen oder
alternativen Bewertungen durch Studium der Rechtsprechung.
- Bewerten Sie dann ihre Rechtslage neu.
- Wenden Sie sich (spätestens) jetzt mit der ursprünglichen
und der aktualisierten bewerteten Rechtslage an eine Person
Ihres Vertrauens: "Schauen Sie mir (erst) jetzt ins Gesicht."
- Akzeptieren Sie die formale Rechtslage.
- Ermitteln Sie das geeignete zweckdienliche Vorgehen und die
möglichen Rechtsmittel.
- Bringen Sie die Sachen möglichst in Ordnung und schließen
Sie Frieden.
Als Fazit ergab sich (fast immer):
Die am häufigsten eingesetzten, wirksamsten und
erfolgversprechendsten Rechtsmittel sind:
- Verweigerung von Versprechen, die nicht eingehalten werden
(können, dürfen, sollen, müssen).
- Einhaltung der eingegangenen Verpflichtungen.
- Selbstbeschränkung in der Wahrnehmung der eigenen Rechte;
keine Ausbeutung der formalen besseren Rechtsposition.
- Bestmögliche Erfüllung der Vereinbarungen.
- "Großzügigkeit" und "Gnade vor Recht" gegenüber Dritten für
die Nachteile, die unverschuldet zugefügt wurden.
- Konsequenz und Härte gegenüber allen, die täuschen,
vortäuschen, "Leute über den Tisch ziehen", ausbeuten oder ihre
Verpflichtungen und Pflichten verweigern.
- Wahrnehmung und Akzeptanz der eigenen Beiträge zur
jeweiligen Rechtslage und deren Konsequenzen.
- Vertrauen (in andere) und Vorsicht (vor der eigenen Gier!)
- Vergleiche schließen.
- Lernen aus den Erfahrungen.